Interview-Manuskript: Der geistige Vater des VDI-Technologiezentrums

Markt & Technik Redakteur Eduard Heilmayr interviewte Klaus P. Friebe 1984 in Hannover zur Gründungsgeschichte des VDI-Technologiezentrums. Das VDI-TZ gilt auch heute noch als wichtiger Impulsgeber für Forschung und Entwicklung in Deutschland. Friebe, Geschäftsführer des VDI-TZ von 1978 bis 1989, war vielleicht der maßgebliche und prägende Kopf, der die ideelle und konzeptionelle Grundlage legte, damit sich das VDI-TZ in nachfolgender Zeit derart positiv entwickeln konnte. Lesen Sie in diesem unbearbeiteten Manuskript Friebes Verständnis zur nachhaltigen Ausrichtung des VDI-TZ.

Erfolg hat viele Väter – so fühlen sich heute auch viele beteiligt am Erfolg des VDI-TZ. Aber eben den allgemeinen Aspekten war es doch so, dass ich in irgendeiner Form mir einen Jugendtraum verwirklicht habe. Die Zeit war reif, das Umfeld war reif und auch der Bedarf war 1977 vorhanden.

Mein Jugendtraum war immer eine praxisorientierte Managementschule aufzubauen, wo Techniker aktiv am Beispiel konkreter Projekte üben und lernen können und zwar in einem Zeitraum von 3 bis 4 Jahren, wo man in der Industrie 10 bis 15 Jahre braucht. Der Erfolg des TZ beruht nicht zuletzt auf der Tatsache, dass immer wieder neue Leute eingestellt worden sind und anderseits auch jede Menge Leute aus dem TZ in die Industrie gegangen sind. Dadurch, dass die Industrie uns Leute in größeren Maße abnimmt, als wir einstellen können, ist ein Beweis, dass gerade diese Art von Qualifikation bei der Industrie sehr gefragt ist. Ich habe frühzeitig durch meine Tätigkeit in der Industrie gelernt, dass gerade der High-Tech-Bereich eine gewisse Spezies von Menschen braucht. Dazu gehört neben anderen persönlichen Grundvoraussetzungen der Wille zur Konfliktfähigkeit. Das Grundprinzip im TZ ist: nur wenn man in einer Konflikt-offenen Diskussion und -Organisation arbeiten kann, kann man auch dynamisch wachsen.

Unsere Organisationsstruktur ist im VDI-TZ grundsätzlich so angelegt, dass Konflikte möglich sind. Darin enthalten ist auch die Bereitschaft sich ständigen Veränderungen zu unterziehen, es ist alles in Fluss. Wir denken in Projekten und Programmen. In Deutschland ist die Fähigkeit zum Dialog und Konflikt noch sehr schwach ausgebildet. Die sehr offene Struktur die wir haben bedeutet, dass der Entscheidungsprozess auf sehr viele Schultern verteilt ist was auch im Hierarchischen gedacht eine Erschwernis ist, weil die Effektivität ist doch gegeben, weil nicht einer das Werden des TZ bestimmt. Die Leute handeln, weil sie können heute de facto nicht alle Leute kontrollieren. Sie können ihm nur vertrauen und in befähigen. Wir haben sicherlich auch Fehler gemacht, aber die Mehrzahl der Mitarbeiter hat dieses System mit Erfolg genutzt.

Wir haben am 1. April 1978 ohne Mitarbeiter begonnen. Ich bin im März 78 nach Berlin gekommen mit einem Stuhl und einem Telefon. Die ersten vier Mitarbeiter kamen aus Karlsruhe (ISI?) und Düsseldorf (VDI?). Vorab Ende 77 haben wir uns zusammen mit dem BMFT sehr viele Gedanken über den Aufbau des TZ gemacht. Diese konzeptionelle Vorarbeit war wichtig. Und es ging dann 78 und 79 darum eine Unternehmenskultur zu entwickeln. Man kann eine schöne Strategie haben, aber wenn man sich dieser Strategie nicht hundertprozentig verschreibt und ganz konsequent handelt, dann hat man wenig Erfolgsaussicht.

Auf meiner Fahne steht neue Sachen zu machen die nicht zum Alltag gehören, in der Zukunft operieren unter dem Aspekt was ist in der Zukunft wichtig, das heraus zu selektieren und so publik machen, dass es für einen allgemeinen Kreis verständlich wird. Aus diesem Grund haben wir diese einmalige Kombination von Informationsverbreitung und Informationsumsetzung, und auf der anderen Seite haben wir die Analysen und Prognosen. Die Suche und Abschätzung von Technologien, die Technologieberatung und die betriebswirtschaftliche Beratung. Diese Kombination von Instrumentarien ist unsere Stärke.

Wir haben Sozialwissenschaftler, Betriebswirte und Techniker und allein zu beobachten wie diese Leute miteinander zusammenarbeiten wie diese Leute ihre Probleme bewältigen ist… Bei dieser engen Zusammenarbeit prallen so richtige Gegensätze aufeinander. Aber die Leute müssen eine Leistung vollbringen und dies ist möglich wenn die Leute überzeugt sind, dass es sich lohnt sich dafür einzusetzen.

Zukünftige technologische Themen aus neutraler Sicht in kommerzielle Bereich reintragen. Es wäre ein großer Fehler wenn man glauben würde, dass man mit dem TZ kommerziell operieren könnte. Dann müssen sie Kompromisse schließen. Um Technologien der Zukunft analysieren zu können brauchen sie eine gewisse Arroganz. Sie müssen gewisse Sachen unter den Tisch fallen lassen. Sie müssen sagen, dass ist gelaufen. Sie müssen unbequeme Themen ansprechen. Hybridtechnik, Verbindungstechniken.

Das Geld von Bonn ist die Schmierseife für den Erfolg. Was mache aber ich mit dem Geld? Über die Technologieberatung haben wir ein Netz des Dialogs geknüpft.

Größte Erfolg: Die dritte Generation von Mitarbeiter, und die Mehrzahl der ausgeschiedenen Mitarbeiter ist erfolgreich in der Industrie tätig. Außerdem hat der Gedanke des Technologiezentrums Fuß gefasst. Das sieht man daran, dass das System des TZ bundesweit kopiert wird. Außerdem haben wir durch die Qualität der Mitarbeiter und durch die neutrale Position einen hohen Stellenwert in der deutschen Anwenderindustrie. Innerhalb von 7 Jahren von 4 Mitarbeiter auf über 100 heute ist natürlich eine Leistung, die ohne massive Unterstützung des Bundes nicht möglich gewesen wäre.

Das Ziel für die Zukunft: Die Konsolidierung mit dem Ziel das Technologiemanagement in Deutschland auf breitere Füße zu stellen.

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