Bereits 1984 war insbesondere der Technologiebereich getrieben von einer hohen Geschwindigkeit aufeinanderfolgender Innovationen, eine stetige Erweiterung der technologischen Möglichkeiten erzeugte großen Investitions- und Innovationsdruck auf die Unternehmensführung. In diesem Artikel stellt Eduard Heilmayr, damaliger Redakteur bei Markt & Technik, das »Technologie-Portfolio-Management« ausführlich vor, eine Methode von der Universität Erlangen-Nürnberg, dass der strategischen Unternehmensführung ein Modell bot, sich dieser Herausforderung zu stellen.
»Technologie-Portfolio-Management« – Dahinter verbirgt sich die Methode der strategischen Unternehmensplanung, die am Lehrstuhl für Industriebetriebslehre an der Universität Erlangen-Nürnberg unter Leitung von Prof. Dr. W. Pfeiffer entwickelt wurde. Für diese Methode wurde eine Software erstellt, die unter »CTM-Planos SP« eine computerunterstützte strategische Planung auch für Klein- und Mittelbetriebe attraktiv erscheinen lässt. Die Notwendigkeit der strategischen Unternehmensplanung und den Prinzipaufbau der »Technologie-Portfolio Methode« schilderten auf einer Pressekonferenz in Nürnberg Prof. Dr. W. Pfeiffer und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter der »Forschungsgruppe für Innovation und technologische Voraussage« (FIV) Dr. G. J. Schäffer.
Nahezu unendlich viele Veränderungen in Gesellschaft, Märkten und Technologien wirken heute auf die Situation eines Unternehmens ein. Dabei hat die Geschwindigkeit, mit der diese Veränderungen stattfinden, besonders im Technologiebereich noch nie dagewesene Dimensionen erreicht. Mit Ausnahme der Zeit sind alle Faktoren, die die strategischen Unternehmensentscheidungen beeinflussen, einem mehr oder weniger großen Wandel unterworfen. Dieser Wandel verläuft nicht kontinuierlich entlang bestimmter Trends, sondern bricht urplötzlich ab. Gerade diese Trendbrüche und deren Auswirkung auf das Unternehmen sind schwer abschätzbar und daher gefährlich.
Noch gravierender als in der Gesellschaft und im Markt wirken sich die trendbruchartigen Veränderungen im Bereich der Technik beziehungsweise Technologie auf das Unternehmen aus. Diese Veränderungen wirken sich sowohl auf die Produkte als auch auf die Herstellungsverfahren eines Unternehmens aus. Dabei werden, wie beispielsweise Produkte aus der Mikroelektronik, die technischen Neuerungen auch in sich komplexer.
Diese Ausgangssituation, ein sich ständig erhöhender Änderungsprozess in der Technologie und damit verknüpft eine steigende Komplexität der Produkte, sowie die Marktforderung nach immer mehr auf den Anwender zugeschnittenen Produktlösungen, führt zu bedeutenden Phänomenen:
- Der Geschwindigkeitssprung der technologischen Veränderungen hat zur Folge, dass sich die Marktzyklen und damit die wirtschaftlich nutzbare Lebenszeit der Produkte verkürzen.
- Andererseits führt die Steigerung im Neuigkeitsgrad und in der Komplexität dazu, dass der Zeitraum des Entstehens von Produkten – von der Suche nach Problemlösungsalternativen bis hin zur Produktions- und Absatzvorbereitung – größer wird.
Dieser gegenläufige Zusammenhang wird mit den Begriffen der Marktzyklenkontraktion bei gleichzeitiger Entstehungszyklenexpansion bezeichnet (Bild 1).
Eine wirtschaftliche Konsequenz, die sich aus der zeitlichen Verlängerung der Entstehenszyklen ergibt, ist ein wesentliches – Ansteigen der Vorbereitungskosten für ein Produkt. Die zentralen Ursachen dieser Vorbereitungskostenakkumulation sind:
- Der Trend zu spezifischen Lösungen, – Der Trend von Komponentenlösungen zu Systemlösungen, Die notwendige Anwendung relativ wenig verwandter Technologien mit jeweils sehr hohem Veränderungstempo zur Lösung neuer Probleme
- Das Abgehen vom schrittweisen Entwickeln und Konstruieren komplexer Produkt-Systemlösungen hin zum parallelen Entwickeln und Konstruieren integrierter Systemlösungen, und die damit verbundenen notwendigen parallelen Investitionen in Innovationen aus Produkt-, Produktionsverfahren und Werkstofftechnologien.
- Die Notwendigkeit eines verstärkten Abstützens auf eine anwendungsnahe Grundlagenforschung.
Allgemein bedeutet der ständig wachsende Zeitbedarf für die Entwicklung und Produktion eines neuen Produktes und die gleichzeitig immer kürzer werdenden Lebenszyklen ein hohes strategisches Risiko für ein Unternehmen. Diese »Zeitfalle« kann zu einer regelrechten »Zeitbombe« werden, wenn sich die technologischen Entwicklungen prinzipiell trendbruchartig verändern und völlig neue Richtungen einschlagen. Die Konsequenz, die sich daraus für die Produktentwicklung eines Unternehmens ergibt, verdeutlicht Bild 2. Beiden Hälften des Bildes liegt die gleiche Annahme zugrunde, dass die Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen eines sogenannten Nachahmers (Follower) erst nach etwa der Hälfe des Entstehenszykluses des Vorreiters (First) beginnen. Diese Handlungsweise mag in der Vergangenheit für ein Unternehmen durchaus genügend Möglichkeiten eröffnet haben, sich ein relativ großes Stück von dem dann noch bestehenden Marktvolumen (punktierte Fläche in der oberen Abbildungshälfte) herauszuschneiden.
Unter Einbeziehung der Auswirkungen von Entstehungszyklenexpansion und Marktzyklenkontraktion (Bild 2, unterer Teil) sieht man deutlich, dass dem Nachahmer in dieser neuen Situation nur noch ein sehr kleines Marktvolumen zur Verfügung steht. Hingegen befindet sich der Innovator für einen gewissen Zeitraum in einer monopolähnlichen Stellung. Zusätzliche Vorteile ergeben sich für den lnnovator aufgrund seiner Erfahrungen bei den Herstellungskosten. So gesehen, stehen dem »First« alle Möglichkeiten offen, den Nachahmer unter Einsatz einer aggressiven Preispolitik vernichtend zu schlagen: Zum einen muss dieser das nötige Know-how-Niveau für neue Technologien aufbauen – ein in der Regel kostenintensives Unterfangen. Zum anderen müssen die bestehenden, für die alte Technologie benötigten Strukturen abgebaut werden. Mag das bei den Sachmittel noch weitgehend unproblematisch sein, so ergeben sich doch größere Probleme beim Personal; insbesondere dann, wenn der Technologiesprung so groß ist, dass dafür qualifiziertes Personal eingestellt werden muss. Die Anforderungen aufgrund dieser neuen Situation für die Unternehmen liegen auf der Hand. Statt bloßes Reagieren auf von der Konkurrenz bereits realisierte Produkte, muss die Parole heißen: aktives Agieren bereits auf der Ebene des Entstehens neuer Technologien und zwar je früher, desto besser!
Der Versuch, dieses Zeitproblem allein mit wertanalytischen Methoden der Kostensenkung oder der Intensivierung taktisch-operativer Methoden der Forschung und Entwicklung bei Planung, Steuerung sowie des Controllings traditionellen Zuschnitts lösen zu wollen, wäre gleichbedeutend mit einem Kurieren an Symptomen. Stattdessen ist in dieser dynamischen Umweltsituation eine strategische Vorsteuerung aller unternehmerischen Aktivitäten erforderlich. Dies bedarf des Einsatzes von Methoden, die diese Komplexität und Faktenvielfalt auf entscheidbare Strukturen reduzieren.
Eine Möglichkeit für ein Unternehmen, die Dynamik der Technik strategisch zu deuten, bietet die »Technologie-Portfolio-Methode«. Sie stellt die Größe »Technologie-Attraktivität« als Summe der wirtschaftlichen und technischen Vorteile eines Produktes unabhängig von den in einem Unternehmen vorhandenen Ressourcen dar. Dieser Parameter ist im Wesentlichen durch die Weiterentwickelbarkeit und den Umfang des Anwendungsspektrums einer Technologie charakterisiert. In Bezug dazu wird die Größe »Ressourcenstärke« gesetzt. Diese Größe beschreibt die internen Fähigkeiten eines Unternehmens, neue technische Potentiale zu nutzen. Sie ist also das Maß der gegenwärtigen Beherrschung einer Technologie im Unternehmen im Verhältnis zur Konkurrenz und empfiehlt für jede im Unternehmen angewandte Technologie differenzierte Förderungsstrategien (Bild 3).
Die Technologie-Portfolio Methode analysiert die Technologien, die zur Realisierung der einzelnen Produktkomponenten benötigt werden (Produkttechnologien) und die eingesetzten Herstellungsverfahren (Produktions- oder Prozesstechnologien). Den schematischen Ablauf dieser Bewertungs- und Entscheidungsmethode in fünf Stufen zeigt Bild 4. Im ersten Schritt werden Produkt- und Prozesstechnologien eines Unternehmens identifiziert, analysiert und zugeordnet. Ihre gemeinsamen technologischen Wurzeln müssen herausgearbeitet werden, um die Breite ihrer Anwendung sichtbar zu machen. Damit wird die Bedeutung der verwendeten Technologien für das Unternehmen transparent. Schematisch lässt sich dieser Grundgedanke vereinfacht in einer Gegenüberstellung von Produkten und Technologien darstellen (Bild 5). Die Zuordnung der Produkte zu den verwendeten Produkt- und Prozesstechnologien lässt sich jedoch nicht mit einem Schritt bewältigen. Dies setzt eine Analyse des Produktes nach Systemen, Baugruppen und Elementen voraus, denen auf jeder Stufe unterschiedliche Produkt- und Prozesstechnologien zugeordnet werden. Dafür stehen methodische Technologielisten zur Verfügung.
In einem zweiten Schritt (Bild 6) wird die Attraktivität der eingesetzten beziehungsweise einzusetzenden Prozess- und Produkttechnologien eingeschätzt. Es ist hier das Ziel, die vorher bestimmten Bedeutungen einzelner Technologien für das Unternehmen in Abhängigkeit der internen Stärke oder Schwäche zu beurteilen und zu deren »Beherrschung« spezifische »Fördermaßnahmen« vorzutragen. Die Beurteilungskriterien dieser Relevanz, das der Technologie Attraktivität entspricht, reicht von »gering« über »mittel« bis »hoch«.
Gering ist die Attraktivität einer Technologie dann einzuschätzen, wenn die Zahl der Anwendungsarten ständig abnimmt. Das Technologiegebiet ist vollkommen ausgereizt und Leistungsverbesserungen nicht mehr möglich. Die Technologie ist am Ende ihres Lebenszyklusses angelangt. Die Kosten- und/ oder Ertragssituation bleibt bestenfalls stabil. Beispiel: informationsmechanische Konstruktionen, die von mikroelektronischen Lösungen verdrängt werden.
Als »rnittel« ist die Attraktivität einer Technologie dann einzuschätzen, wenn die Anwendungen auf hohem Niveau stagnieren. Komplementärtechnologien sind entwickelt und bewirken kaum noch wesentliche Chancen einer Marktverbreiterung. Einige Komponenten bieten noch die Möglichkeit einer graduellen Leistungsverbesserung. Die Kosten- und/oder Ertragssituation ist ebenfalls noch verbesserbar. Als Beispiel kann man hier herkömmliche Verbrennungsmotoren anführen.
Hohe Attraktivität bieten Technologien, bei denen Anwendungsarten und -möglichkeiten durch Komplementärtechnologien ständig zunehmen. Diese Technologie steht erst am Anfang ihrer Entwicklung. Erhebliche Leistungsverbesserungs-, Kostensenkungs- und/oder Ertragsverbesserungspotentiale sind zu erwarten. Beispiel: Sensoren, deren Anwendung in jedem denkbaren Regelkreis möglich sind. Die schematischen Zusammenhänge zur Bestimmung der Technologieattraktivität zeigt Bild 6.
Im dritten Schritt wird die Attraktivität einer Technologie vor dem Hintergrund der im Unternehmen vorhandenen Ressourcenstärke relativiert. Zentrale Bestandteile der unternehmerischen Möglichkeiten sind dabei das vorhandene Know-how im Vergleich zur stärksten Konkurrenz und die Höhe des Budgets (Bild 7).
Unter Ressourcenstärke werden also die zur Realisierung des Technologiepotentials nötigen, im Unternehmen bereits vorhandenen Mittel berücksichtigt: Je mehr die internen Möglichkeiten im Unternehmen der allgemeinen technischen und wettbewerblichen Entwicklung entsprechen, desto größer ist die Ressourcenstärke. Sie ist im Gegensatz zur Technologie-Attraktivität eine unternehmensinterne Größe. Mit der Ermittlung der Attraktivität der verwendeten Technologien und der Zuordnung der im Unternehmen vorhandenen Ressourcenstärke erhält man die Ist-Situation.
Als vierter Schritt muss die Ist-Situation auf einen zukünftigen Zeitpunkt des unternehmerischen Entscheidungshorizonts transferiert werden. Risiko- und Chancenpotentiale werden umschrieben. Zu berücksichtigen ist dabei, welche zukünftigen Chancen bestehen, vorhandene Ressourcen auszubauen oder versäumtes aufzuholen, und zu prüfen, wo Risiken bestehen, den Vorsprung oder den Anschluss zu verlieren (Bild 8).
Im fünften Schritt kann man aus der Technologie-Portfolio-Analyse konkrete Handlungsempfehlungen ableiten (Bild 9).
- Investitionsempfehlungen sind für solche Technologien angezeigt, die eine mittlere bis hohe Technologie-Attraktivität und Ressourcenstärke aufweisen
- Für Technologien mit geringer bis mittlerer Attraktivität und Ressourcenstärke sind Desinvestitionsempfehlungen notwendig, da Investitionen in solche Technologien keine prinzipiellen Verbesserungen der Leistungsfähigkeit erwarten lassen
- Die drei Diagonalfelder der Technologie-Portfolio-Matrix geben keine einheitliche Handlungsempfehlung. Sie weisen sowohl Merkmale der Investitions- als auch solche der Desinvestitionsempfehlungen auf.
Aus den einzelnen Feldern der Technologie-Portfolio-Matrix (Bild 9) lassen sich folgende Aussagen gewinnen:
- Bei hoher Technologie-Attraktivität aber geringer Ressourcenstärke liegen die Alternativen nahe, a) große Investitionen zur Erreichung einer mittleren bis hohen Ressourcenposition sind zu tätigen, die strategische, technologische Lücke ist zu schließen b) sich aus dieser Technologie zurückzuziehen; wenn sie allerdings unverzichtbar ist, muss sie »zugekauft« werden
- Bei mittlerer Technologie-Attraktivität und mittlerer Ressourcenstärke lautet die Entscheidung: a) zur Erlangung einer hohen Ressourcenstärke sind Investitionen in gemäßigtem Umfang durchzuführen, wenn es sich um eine zentrale Technologie handelt oder b) durch Reduktion der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zu desinvestieren; dies bedingt Zukauf und/oder die Imitation von Technologien.
- Bei geringer Technologieattraktivität, aber hoher Ressourcenstärke kann man wählen zwischen: a) geringen Investitionen für den Erhalt des technologischen Vorsprungs und b) langsamem Desinvestieren, wobei bewusst ein geringerer als der höchste Entwicklungsstand in Kauf zu nehmen ist.
Das Technologie-Portfolio trägt wesentlich zu einer strategischen Denkhaltung der Anwender bei. Es liefert eine verbesserte Entscheidungsgrundlage, stellt jedoch keinen Entscheidungsautomatismus dar. Erleichtert wird dieses Instrument für die strategische Planung dynamischer Zukunftsmärkte durch das Programmpaket »CTM-Planos-SP«. Dieses Programmsystem bietet die isolierte oder integrierte Anwendung er Technologie-Portfolio-Management-Methode auf Computersystemen eines Konstanzer Herstellers.
Das Softwarepaket »Planos-SP« wird in zwei Varianten angeboten: als alleinstehendes Strategie-Instrument, das nach Bedarf mit Daten gefüttert wird, oder als integrierte Lösung mit Datenverbindungen zur Finanzierungsbuchhaltung und zur Produktionsplanung. Damit kann die Methode ebenso ein Führungsinstrument für den mittelständischen Unternehmer als auch ein Werkzeug für die strategische Unternehmensplanung im Großbetrieb darstellen.
Pianos wird sowohl für Produkte der Modellreihe CTM 900/9000 wie auch für das 32-Bit-Dialogsystem CTM 9032 angeboten.