Artikel: Zukunftsweisend: Der Haushalt des BMFT von 1984

„Markt und Technik“ Redakteur Eduard Heilmayr interpretiert den Haushalt des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) von 1984. Dadurch wird deutlich welche Anreize das BMFT setzt um Forschung und Entwicklung in der BRD zu stimulieren. Dieser Artikel gibt  einerseits einen Einblick nach welchen Kriterien und Gesichtspunkten Ministerien Gelder verteilten. Zum anderen setzte das BMFT einen wichtigen Grundstein für eine nachhaltige Förderung in einen Bereich, der mit den Jahren immer mehr an Relevanz gewann.

Die Rahmenbedingungen für die industrielle Forschung und Entwicklung in der BRD zu verbessern ist nach Aussage des Bundesministers für Forschung und Technologie Dr. Heinz Riesenhuber das Ziel der Bundesregierung. Durch die Verstärkung der indirekten Fördermaßnahmen, wie Steuererleichterungen, sollen zusätzliche und wirksame Anreize für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten geschaffen werden. Eine Aufschlüsselung des BMFT-Haushalts 1984 lesen Sie im nachfolgenden Artikel.

Die Bundesregierung vertritt nach Aussage von Forschungsminister Dr. Heinz Riesenhuber eine Forschungspolitik, die zum Ziele hat, die Rahmenbedingungen für die industrielle Forschung und Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland zu verbessern. Zu diesen Rahmenbedingungen gehören unter anderem:

  • Externe Vertragsforschungskapazität und Technologietransfer, insbesondere aus Universitäten, staatlichen Forschungsinstituten und staatlich geförderter Gemeinschaftsforschung
  • Technologie- und Innovationsberatungsdienstleistungen, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen
  • Informationsmöglichkeiten über wissenschaftliche und technische Entwicklungen, insbesondere durch Fachinformationssysteme und Patentdokumentation
  • Lizenzen und Schutzrechte aus staatlich geförderter Forschung und Entwicklung
  • Ausstattung der Unternehmen mit Eigenkapital und Aktivierung von privatem Risikokapital
  • Qualifiziertes Angebot an naturwissenschaftlichem und technischem Nachwuchs.

Der Forschungshaushalt und die mittelfristige Finanzplanung bis 1987 soll »schrittweise die veränderte Weichenstellung der Bundesregierung in diesem für die Zukunft entscheidenden Politikfeld« umsetzen, heißt es im BMFT-Journal vom August 1983. Das Volumen des BMFT- Haushalts 1984, Einzelplan 30, beträgt 7,126 Milliarden Mark gegenüber 6,919 Milliarden in 1983. Die Steigerungsrate von drei Prozent liegt über der Steigerungsrate des Gesamtetats und ist auch in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen. Die großen Ausgabenblöcke des Haushalts verändern sich in unterschiedlichem Maße.

Die institutionelle Förderung wächst insgesamt um 3,6 Prozent auf 2,5 Milliarden Mark. Der größte Teilbetrag der institutionellen Förderung entfällt mit 1,828 Milliarden Mark auf die Großforschungseinrichtungen. Dies bedeutet einen Anstieg um 3,1 Prozent. Für die großen Trägerorganisationen außeruniversitärer Forschungsinstitute, die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) und die Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) erhöht sich die Förderung um 4,9 Prozent auf insgesamt 497 Millionen Mark. Für die MPG stehen 388 Millionen und für die FhG 190 Millionen Mark zur Verfügung. Für Investitionen im Bereich der gesamten institutionellen Förderung stehen 1984 rund 570 Millionen Mark zur Verfügung. Dies bedeutet gegenüber 1983 einen Anstieg um 14,9 Prozent. Ein wesentlicher Grund dafür sind die Großprojekte der Grundlagenforschung, wie die Hadron-Elektron-Ring-Anlage (HERA) für die Erforschung von Elementarteilchen beim Deutsch Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg.

Die internationalen Beitragsverpflichtungen steigen um 3,5 Prozent auf 687 Millionen Mark. Hier muss zum Teil den höheren Preissteigerungen im Ausland Rechnung getragen werden. Der Anteil am BMFT- Haushalt von 9,6 Prozent zeigt aber deutlich, dass die deutsche FuE-Politik die multinationale Zusammenarbeit hoch einschätzt. Die größten Anteile in diesem Bereich weisen der Beitrag zur Europäischen Weltraumorganisation (ESA) in Paris mit 383 Millionen Mark und zur Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) in Genf mit 208 Millionen Mark auf. Für die Projektförderung stehen im Etat 1984 insgesamt 3,912 Milliarden Mark zur Verfügung. Das bedeutet gegenüber 1983 eine Absenkung um 0,6 Prozent. Erfahrungsgemäß werden hiervon etwa 2,2 Milliarden Mark in FuE-Vorhaben der Wirtschaft fließen, 639 Millionen Mark in die Reaktorfinanzierung und der Rest (etwa 1,1 Milliarden Mark) der universitären und außeruniversitären Forschung zur Verfügung stehen.

1984 dürften voraussichtlich über 31 Milliarden Mark für die Durchführung von Forschung und Entwicklung in der Wirtschaft aufgewendet werden. Davon werden 1,3 Milliarden Mark durch indirekte Forschungsförderung gedeckt, im Vergleich zu 0,66 Milliarden Mark im Jahr 1981. Dies zeigt nach Ansicht von Forschungsminister Dr. Riesenhuber, dass durch die Verstärkung der indirekten Fördermaßnahmen zusätzliche und wirksame Anreize für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der Wirtschaft geschaffen werden. Da in der Wirtschaft fast 70 Prozent der deutschen Forschungsausgaben getätigt werden, habe dieser Sektor für die Entwicklung von Forschungsergebnissen entscheidende Bedeutung.

Steuerliche Erleichterungen seien dabei ein wesentliches Instrument einer indirekten Forschungsförderung, aber nicht das umfassende. In Bild 2 ist die Struktur der Forschungsausgaben 1981/1984 dargestellt, um die Beiträge des Bundes und hier wiederum der einzelnen Ministerien zu den gesamten Forschungsausgaben der Wirtschaft zu erläutern. Für die indirekte Forschungsförderung stehen im Haushalt des BMFT 1984 272,3 Millionen Mark zur Verfügung; das bedeutet eine Steigerung um 45,9 Prozent. Das Schwergewicht liegt neben der planmäßigen Fortsetzung des Sonderprogramms Mikroelektronik vor allem in der Ausweitung der Mittel für externe Vertragsforschung, die um 190 Prozent auf 40 Millionen Mark steigen (1986: 60 Millionen Mark, 1987:  70 Millionen Mark). Ein weiterer Schwerpunkt liegt in einem neuen indirekten Förderprogramm auf dem Gebiet der Fertigungstechnik.  Hier wird für einen Zeitraum von vier Jahren die Bereitstellung von insgesamt 350 Millionen Mark geplant, um bei der  Ausrüsterindustrie den Einsatz von Industrierobotern in diesem Industriezweig zu fördern. Diese neue indirekt-spezifische Fördermaßnahme soll 1984 mit 40 Millionen Mark beginnen.

Das Gesamtvolumen der indirekten Forschungsförderung durch die Bundesregierung wird 1984 etwa 1,272 Milliarden Mark betragen. Ergänzend zu den Maßnahmen des BMFT wird dies erreicht durch das Personalkostenzuschussprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) (350 Millionen Mark), die im Haushalt des Bundesfinanzministeriums (BMF) veranschlagte Zulage nach § 4 Investitionszulagengesetz (350 Millionen Mark) und die von der- Bundesregierung wiedereingeführte Möglichkeit der Sonderabschreibung für FuE-Investitionen. Diese Entlastung der Wirtschaft wird zu geschätzten Steuermindereinnahmen von 350 Millionen Mark führen. Das Verhältnis der indirekten Forschungsförderung zur direkten wird sich dementsprechend 1984 gegenüber 1981 zugunsten der indirekten Förderung weiter verbessern.

Steigerungen weist auch die- Förderung von Schlüsseltechnologien auf, »bei denen unter Wahrung des Wettbewerbs bei marktnaher Forschung zur Bewältigung der internationalen Herausforderung mehr Zusammenwirken bei grundsätzlichen wissenschaftlich-technischen Problemen erforderlich ist«. Um die Entwicklung voranzutreiben, steigen die Fördermittel für die Biotechnologie um 11,1 Prozent auf 70 Millionen Mark, für optische Nachrichtentechnik um 10,0 Prozent auf 27,5 Millionen Mark, für Informationsverarbeitung um 6,4 Prozent auf 50 Millionen Mark, für nichtmetallische Rohstoffe um 9,8 Prozent auf 35,7 Millionen Mark und für technische Kommunikation um 4,1 Prozent auf 63 Millionen Mark. Absenkungen erfolgen in Bereichen, »wo es der Stand von Forschung und Entwicklung erlaubt und verstärkt der Markt und die Nutzer Träger der Entwicklung werden können«. Dies gilt für die Kommunikationssatelliten, wo die Mittel durch den Einstieg der Post in die Finanzierung um fast 41 Prozent auf 68 Millionen Mark gesenkt werden konnten und für den Bereich rationelle Energieverwendung und neue Energiequellen. Dieses Fördervolumen sinkt um 21,5 Prozent auf 188 Millionen Mark, weil der größte Teil der Forschungsarbeiten geleistet ist.

Im Rahmen seiner Handlungsmöglichkeiten bemüht sich das BMFT, zur Lösung der Probleme der Nachwuchswissenschaftler beizutragen. So wird das Nachwuchsprogramm der Arbeitsgemeinschaft der Großforschungseinrichtungen fortgesetzt. Das Ziel ist, in drei Jahren 600 Nachwuchswissenschaftler befristet auf jeweils höchstens drei Jahre einzustellen. In diesem Jahr beginnt ein auf fünf Jahre befristetes Förderprogramm des BMFT, in dessen Rahmen für zunächst rund 20 Wissenschaftler der Fachrichtung Biotechnologie Auslandsaufenthalte mit einem jährlichen Volumen von 1 Million Mark gefördert werden. Im Haushalt 1984 sind schließlich erstmals 5 Millionen Mark vorgesehen, damit durch eine befristete Einstellung von qualifizierten jungen Wissenschaftlern in Forschungseinrichtungen technologische Schlüssel- und Wachstumsbereiche gefördert werden. Bis 1986 sind hierfür insgesamt 30 Mark vorgesehen.

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