Artikel: Die Patent-Portfolio-Methode – ein neues Tool entwickelt von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Unter der Leitung von Prof. Dr. W. Pfeiffer, damaliger Professor für Industriebetriebslehre an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, wurde der Technologie-Portfolio-Ansatz und die Patent-Portfolio-Methode in Kooperation mit Unternehmen entwickelt. Beides Analysemethoden, die es den (Industrie)Unternehmen ermöglicht den enormen Wert an technischen Informationen aus Patentunterlagen herauszufiltern und somit besser nutzbar zu machen. Lesen Sie in diesem Beitrag einen Artikel aus der Blick durch die Wirtschaft, veröffentlicht am 13. Juli 1987, der begreifbar macht, wie wichtige diese Analysetools für die Entwicklung der Strategieplanung und Informationsgewinnung von Unternehmen war.

Das Patentwesen stellt einen nahezu unerschöpflichen Informationspool dar, mit dessen Hilfe der Fehlleitung der relativ knappen Informationsressourcen wirkungsvoll begegnet werden kann. Patente sind nicht nur Schutzrechte, die den Schwerpunkt der bisherigen Patentnutzung darstellen, sondern beinhalten primär auch umfassende technische und naturwissenschaftliche Informationen. Keine andere Quelle dokumentiert den Stand der Technik auch nur annähernd so aktuell wie Patentschriften selbst bei Berücksichtigung, dass viele Firmen aus Geheimhaltungsgründen nicht anmelden oder gezielte Verschleierung betreiben. Darüber hinaus bieten Patentschriften die Möglichkeit, die Aktivitäten und Strategien der aktuellen und potentiellen Konkurrenz zu erkennen und sich darauf einzustellen.

Im Auftrag der Europäischen Kommission in Luxemburg hat der Lehrstuhl für Industriebetriebslehre an der Universität Erlangen-Nürnberg unter Leitung von Professor Dr. Werner Pfeiffer mit dem Patent-Portfolio-Verfahren eine Planungsmethodik geschaffen die den immensen Wert an technischen Informationen aus der Patentdokumentation auch für die mittelständische Industrie besser nutzbar machen soll. Mitbeteiligt an der Entwicklung dieses Verfahrens war die Esprit-Gesellschaft für Unternehmensberatung. Die Unternehmensberatung Dr. W. Schneider sowie die 1 + D/Patentschriftenauslegestelle der Landesgewerbeanstalt (LGA) in Nürnberg, die das Projekt auch angeregt hatte. Als meistbenutzte Patentschriftenauslegestelle der Bundesrepublik beklagt sie seit Jahren die unbefriedigende Nutzung der angebotenen Dienste und fordert immer wieder einen „qualifizierteren Benutzerkomfort“.

Eine Hauptursache für die viel zu geringe Nutzung ist sicherlich die Tatsache, dass der Umgang mit Patentinformationen nicht im Angebot der Lehrveranstaltungen unserer Hochschulen ist. Lediglich für einen engen Interessenkreis besteht die Möglichkeit nach einem technischen oder naturwissenschaftlichen Studienabschluss durch Spezialausbildung in Eigeninitiative dieses Gebiet noch zu erschließen. In engem Zusammenhang hiermit ist auch ein weiterer Mangel zu sehen: Sollen Patentdokumente ausgewertet werden so ist man – wenn es sich nicht nur um einige wenige Schriften handelt, die auch per Hand recherchiert werden können – bei der Suche heute nahezu zwingend auf den Einsatz elektronischer Hilfsmittel, wie zum Beispiel Patentdatenbanken oder auf Spezialisten angewiesen, wie sie bei den deutschen Patentschriftenauslegestellen vorhanden sind.

Aber auch der Umgang mit technischen Hilfsmitteln der Informationsgewinnung wird bis heute kaum gelehrt. Nicht einmal in den Hochburgen der elektronischen Informationsverarbeitung, den Informatikstudiengängen, werden die Studenten damit hinreichend vertraut gemacht, teilweise ist die Existenz von Datenbanken bei vielen Studenten noch nicht einmal bekannt, wie Umfragen nachgewiesen haben. In dieser Beziehung befindet sich die Bundesrepublik noch im Entwicklungsstadium. Woran es heute jedoch hauptsächlich mangelt, sind methodische Hilfsmittel bei der Informationsumsetzung für die Planung. Die sowohl für Unternehmen als auch für ganze Volkswirtschaften lebensnotwendigen Fragen wie „Wohin gehen die Trends der technischen Entwicklung?“, „Wo liegen eigene Stärken und Schwächen?“ oder „Welche Strategien schlägt die Konkurrenz ein?“, können im Prinzip mit Hilfe von Patentinformationen beantwortet werden.

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Die Frage lautet nur, wie stellt man das an? Das Angebot der von der Wissenschaft zur Verfügung gestellten Methoden ist, wie im gesamten Bereich der Forschung und Entwicklung, gering. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Varianten statistischer Auswertungen, deren weitere Entwicklung mit zum Teil beachtlichen öffentlichen Mitteln gefördert werden. Ein Beispiel für solche Methoden ist die Vektoranalyse, die die Unterschiede in der Anmeldetätigkeit bezüglich einzelner Patentklassen über die Zeit verfolgt, auswertet und daraus Schlüsse etwa über technologische Trends zieht.

Dabei werden die in den Schriften auffindbaren Bezugnahmen auf andere Patente statistisch untersucht. Zugrunde gelegt ist dabei die Annahme, dass besonders häufig zitierte Patente auch besonders wichtige Patente darstellen, sogenannte „Schlüsselpatente“. Ferner sollen Zitieranalysen Aufschluss über technologische Strategien geben, wofür das „Zitierungsmuster zwischen den Unternehmen“ analysiert wird. Diese sehr ausgefeilten Methoden werden von der Praxis aber eher skeptisch beurteilt.

Eine neue Planungsmethodik, die diesen Anforderungen entspricht, ist der Portfolio-Ansatz, der für die Nutzung der Patentinformationen weiterentwickelt worden ist. Das bereits im Jahr 1980 von Pfeiffer und seinen Mitarbeitern entwickelte und mittlerweile in vielen Unternehmen erfolgreich eingesetzte Technologie-Portfolio ist ein Instrument, um Technologien vor dem Hintergrund des eigenen Erfahrungsschatzes zu bewerten und daraus Strategien abzuleiten. Wie bei der Portfolio-Analyse üblich, werden auch hier zunächst Faktoren ermittelt, die die „Attraktivität“ eines Patentes festlegen. Außerdem müssen Faktoren beziehungsweise lndikatoren zu entwickelt werden, mit deren Hilfe die „Unternehmensposition“ in Bezug auf Schutzrechte und vorhandenes Know-how bestimmt werden kann.

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Aus den Ergebnissen dieser Erhebungen werden dann Strategien abgeleitet, die das Verhalten eines Unternehmens so steuern, dass der Ressourcenfluss in den Forschungs- und Entwicklungs- sowie den Patentabteilungen sich an den strategischen Notwendigkeiten und nicht an Ad-hoc-Lageeinschätzungen orientiert. Auf diese Weise soll die eklatante Lücke zwischen dem lnformationspotential des Patentwesens und der Nutzung dieses Potentials verkleinert werden und ein Beitrag für die Formulierung von Unternehmens-Gesamtstrategien geleistet werden. Damit soll auch ein weiterer Schritt zum emanzipierten Partner der forschenden Industrie getan werden.

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