Die „Venture ’83“ war ein wegweisender Kongress zur Finanzierung von innovativen Technologieunternehmen in den frühen achtziger Jahren. Eduard Heilmayr beschreibt im Vorfeld der zweitägigen Veranstaltung Konzept, Ziele und Erwartungen des Kongresses. Es wird klar, dass die „Venture ’83“ ein wichtiger Anstoß war, um gemeinsame Strategien zu entwerfen das Venture-Capital Volumen in Deutschland konkurrenzfähig auszubauen.
Am 6. und 7. Oktober findet in München der diesjährige Kongress für Gründung und Finanzierung von innovativen Technologiefirmen statt. »Ziel des Kongresses ist es« berichtete Dr. Alfred Prommer (Prommer Consultants), zusammen mit Dr. Klaus Nathusius (Genes) der Organisator von Venture ’83 auf einer Pressekonferenz, »konkrete, praktische Erfahrungen und Kenntnisse zu vermitteln, um damit die Gründung und Entwicklung erfolgreicher, neuer Technologien zu fördern.«
Venture ’83 ist die Fortsetzung des im Herbst 1982 erstmalig durchgeführten Symposiums »Gründung und Venture-Finanzierung von Elektronik-Unternehmen«. Aus den Erfahrungen dieses Symposiums, so Dr. Prommer, wurde das Konzept zu einer zweitägigen Veranstaltung weiterentwickelt, die jährlich stattfinden soll. Am ersten Tag der Veranstaltung sollen zwei Themen schwerpunktmäßig behandelt werden: Investment- und Gründungschancen in der Elektronikindustrie in Deutschland und Finanzierungsinstrumentarien für Venture-Unternehmen. Hauptthemen des zweiten-Tages sind Vorträge für das Finanzierungsangebot in Deutschland sowie Angebote an den Finanzanleger.
Der Kongress richtet sich an Gründer, Gesellschafter und Manager von innovativen Technologieunternehmen, an private und institutionelle Investoren, Banken und Venture-Kapitalgesellschaften sowie an Verbände, Kammern, Beratungsfirmen und staatliche Stellen. »Erstmalig werden bei diesem Kongress führende Gründungs- und Finanzierungsfachleute die grundsätzlichen Investmentchancen in innovative Technologien in Deutschland aufzeigen, die Industriebranchen mit den besten Gründungs- und Investmentchancen herausstellen und Wege zur Realisierung dieser Chancen darstellen«, qualifiziert Dr. Prommer das Programm.
»Während noch vor einem Jahr nur spärliche Diskussionen des Venture-Capital-Modells überwogen und Abwehrargumente des etablierten Systems vorherrschten«, so Dr. Nathusius auf der Pressekonferenz, habe sich heute eine dynamische Venture-Capital-Szene entwickelt. »Die Trendwende vollzog sich mit erstaunlicher Schnelligkeit«, referierte Dr. Nathusius. So zeige die Situation Mitte 1983 eine grundsätzlich positive Einstellung gegenüber Venture-Capital. Die Banken seien zunehmend interessiert, das BMFT fördere mit dem TOU-Modellversuch junge, innovative Unternehmen, das Bundeswirtschaftsministerium denke über die Änderung von Rahmenbedingungen nach und auch die Deutsche Wagnisfinanzierungsgesellschaft, so Dr. Nathusius, bezeichne ihr Angebot jetzt als »Venture-Capital«. »Ausländische institutionelle und industrielle Investoren sind zunehmend interessiert, in Venture-Capital in Deutschland zu investieren«, beschreibt Dr. Nathusius die heutige Szene.
Neben den Aktivitäten seiner Firma entwickeln sich, von Dr. Nathusius ausdrücklich befürwortet, weitere Gruppen, die Venture-Capital in Deutschland anbieten werden. Da aber noch immer die deutschen, institutionellen Investoren wie Banken, Versicherungen und Industrie unternehmen fehlten, gründete Dr. Nathusius in Luxemburg eine Holding-Gesellschaft, die Kapital-Akquisition im Ausland betreibt. In zwei bis drei Monaten rechnet Dr. Nathusius mit einem Fonds-Volumen in der Holding-Gesellschaft von 40 Millionen Mark. 90 Prozent davon sollen in Deutschland in 15 bis 20 Unternehmen investiert werden. In diesem Jahr wolle man noch drei bis fünf Investments platzieren. Außerdem schlägt Dr. Nathusius vor, dass sich Banken, Versicherungen und Industrieunternehmen der von ihm kreierten »0,1-%-Regel« unterwerfen. Diese Regel besagt, wenn pro Jahr 0,1 Prozent der Vermögensanlagen von Banken, Versicherungen, Pensionsfonds, Unternehmen und Abschreibungsgesellschaften in Venture-Capital investiert würde, käme damit ein Betrag von ungefähr 120 Millionen Mark zusammen.
Dass diese Kapitalforderung realistisch ist, bestätigte indirekt Siegfried Neumann, Koordinator der EG-Symposien über Innovationsfinanzierung, in seinem Referat zum Thema »Stand der Venture-Finanzierung in Europa«. So fließen seinen Informationen nach allein in diesem Jahr aus München 50 Millionen Mark in die amerikanische Venture-Capital-Szene. »Der Venture-Capital-Markt in Deutschland weist einen Rückstand von mindestens zwei Jahren gegenüber Großbritannien und den Niederlanden auf«, beschreibt Neumann die Situation. Dies gelte insbesondere für den Aufbau von Venture Management-Kapazität. So verfügten Großbritannien und die Niederlande zusammen mit Irland über organisierte, leistungsfähige Venture-Capital Märkte, »die in absehbarer Zeit auch Anlagemöglichkeiten in europäischen Ausland suchen könnten«.
Damit bereits trotz klaffender Unterschiede die Entwicklungen innerhalb der EG nicht zu weit auseinanderlaufen, ergriff die EG-Kommission integrierende Maßnahmen. So finden seit 1980 jährliche Symposien über Innovationsfinanzierungen statt. Mit dem Thema »Entwicklung von Kapitalmärkten zur Regeneration der Industrie« wird sich das nächste Symposium, vom 23. bis 25. November in Luxemburg, auf drei Schwerpunkte konzentrieren: Die Erschließung institutioneller Investoren, die steuerlichen Rahmenbedingungen für Venture-Kapital und die Sekundärbörsen als »Ausstiegsmechanismen«. Weiterhin habe die EG-Kommission, berichtet Neumann weiter, EG-weite Studien über Steueraspekte in der Förderung von Venture-Capital-Investments und über die Börsen-Infrastruktur in Auftrag gegeben.